Antwerpen

Antwerpen
Ant|wẹr|pen:
Stadt in Belgien.

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Antwẹrpen,
 
französisch Anvers [ã'vɛːr],
 
 1) Hauptstadt der Provinz Antwerpen, Belgien, 449 700 Einwohner; liegt 88 km von der Nordsee entfernt an der von starken Gezeiten bewegten (Tidenhub 4,2 m), fast 10 m tiefen und 450 m breiten Schelde. Antwerpen ist kultureller Mittelpunkt der Flamen, hat mehrere Theater, Archive, Museen (u. a. Volkskundemuseum, Nationales Schifffahrtsmuseum, Königliches Museum der Schönen Künste, Rubenshaus, Freilichtmuseum moderner Bildhauerei), drei Universitäten (gegründet 1852, 1965 und 1971), Handelshochschule, Marineakademie, Staatliches Institut für Architektur und Städtebau, Institut für Tropenmedizin, Königliche Akademie der Schönen Künste, Königliches Flämisches Konservatorium. Antwerpen ist Sitz eines katholischen Bischofs.
 
 
Nach Rotterdam ist Antwerpen der bedeutendste Seehafen Europas (1993: 101,9 Mio. t Umschlag). Er liegt im Schnittpunkt des westeuropäischen Pipelinenetzes für Erdöl und Erdölprodukte. Im Vordergrund der vielseitigen Hafenindustrie steht die Veredelungsindustrie für Einfuhrgüter: besonders Erdölraffinerien, Anlagen der Großchemie, NE-Metallverhüttung. Hinzu kommen Automobilindustrie und Schiffsreparatur. Als wichtigster Diamantenhandelsplatz der Erde besitzt Antwerpen viele Diamantenschleifereien; die Antwerpener Diamantenbörse tätigt rd. 70 % des Weltumsatzes an geschliffenen Diamanten.
 
Verkehr:
 
Der moderne Dockhafen mit Containeranlage liegt im Scheldebogen. Für Seeschiffe stehen sieben Schleusen von 110 m bis 500 m Länge zur Verfügung. Mit dem linken Flussufer ist Antwerpen durch zwei Tunnel und den Kennedy-Autobahn-Tunnel verbunden. Ein U-Bahn-Netz ist seit 1980 fertig gestellt. Das Hinterland des Hafens ist durch Eisenbahnlinien, Autobahnen und Kanäle gut erschlossen. Zur Hafenerweiterung stehen jetzt nur noch Flächen auf dem linken Scheldeufer im Bereich der ostflandrischen Stadt Beveren zur Verfügung, deren Ausbau als Hafen- und Industriegelände bereits im Gang ist.
 
 
Die Kathedrale ist das Hauptwerk der flämischen Spätgotik (1352 bis um 1519), ein siebenschiffiger Bau auf kreuzförmigem Grundriss, mit Chor und Kapellenkranz sowie reich gegliedertem Nordturm (1592; 123 m); der ursprünglich reiche plastische Schmuck wurde beim Bildersturm 1566 zerstört; wertvollste Stücke der Ausstattung sind die »Kreuzaufrichtung« (1610/11) und die »Kreuzabnahme« (1612-14) sowie die »Himmelfahrt Mariens« (1626) von P. P. Rubens. Sint-Jacobs (1491 begonnen) hat eine sehr reiche barocke Ausstattung; Rubens' Grabkapelle mit einem seiner Spätwerke (»Maria mit dem heiligen Georg«, 1636-38). Ebenfalls spätgotisch ist die Dominikanerkirche Sint-Paulus (1533-1639) mit barockem Turm (1679). - Die bedeutendste Barockkirche ist die Karl-Borromäus-Kirche (Anfang 17. Jahrhundert) mit reich gegliederter Fassade nach italienischem Vorbild; die Deckengemälde von Rubens und A. van Dyck wurden durch einen Brand (1718) vernichtet.
 
Am »Grote Markt« mit seinen hochfenstrigen Gildehäusern der Böttcher, Krämer, Schützen u. a. (16. Jahrhundert) steht das Rathaus (1561-65) von C. Floris, der in der Fassade die Art italienischer Paläste der Spätrenaissance mit nördlichem Formgut verband; unweit vom Markt liegt die spätgotische Fleischhalle (Vleeshuis, 1501-03; heute Museum).
 
Im Stadtteil Berchem befindet sich das denkmalgeschützte Zurenborgviertel mit Bauten der Neorenaissance, des Neoklassizismus und des Jugendstils.
 
 
Antwerpen, früher auch Ạntorf, dessen Burg, den »Steen«, 836 die Normannen zerstörten, wurde um 1000 Sitz eines Markgrafen und fiel Ende des 11. Jahrhunderts an Brabant. 1291 erhielt Antwerpen Stadtrecht, 1313 gründete die Hanse hier eine Niederlassung. Nach dem Niedergang Brügges (das Zwin versandete im 14. Jahrhundert) und nach dem Übergang an Burgund (1430) und Habsburg (1477) wurde Antwerpen die bedeutendste Handelsstadt Europas (besonders unter Kaiser Karl V.). In dieser Blütezeit entstanden viele Gebäude, die heute das Bild der Altstadt prägen.
 
Als Antwerpen während des niederländischen Aufstands von den Spaniern 1585 zurückerobert wurde und die Holländer die Scheldemündung sperrten, war seine Stellung vernichtet. 1794-1814 stand es unter französischer Herrschaft. Im 19. Jahrhundert entwickelte sich Antwerpen wieder zu einem der größten Handelsplätze des europäischen Festlands und wurde (seit 1859) eine der stärksten Festungen Europas (zum Teil 1918, zum Teil 1945 geschleift).
 
 
F. Prims: A. door de eeuwen heen (Antwerpen 1951);
 G. van Cauwenbergh u. D. van Cauwenbergh: A., de haven (Antwerpen 1961);
 H. van der Wee: The growth of the Antwerp market and the European economy (14th-16th centuries), 2 Bde. (Löwen 1963);
 W. Gaunt: Fläm. Städte. Gesch. u. Kunst (a. d. Engl., 1970);
 W. Krings: Innenstädte in Belgien. Gestalt, Veränderung, Erhaltung (1984).
 
 2) Provinz in Belgien, 2 867 km2, 1,638 Mio. Einwohner.
 

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Ant|wẹr|pen: Stadt in Belgien.

Universal-Lexikon. 2012.

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